Hast du beim Thema Psychose schon einmal von Positiv- und Negativsymptomen gehört? Wenn du dir nicht sicher bist, was damit gemeint ist, klärt dieser Artikel auf.
„Positiv“ und „negativ“ heißt nicht gute oder schlechte Symptome. Einfach gesagt gibt es mit Positivsymptomen mehr zu erleben und mit Negativsymptomen weniger. Zu den Positivsymptomen zählen ungewöhnliche Überzeugungen und Stimmenhören, zu den Negativsymptomen etwa fehlende Energie und wenig Kontakt zu anderen Menschen.
Negativsymptome, auch Minus-Symptome: Dem normalen Erleben wird etwas weggenommen = Symptome wie weniger Antrieb, weniger Freude, oder weniger Kontakte zu anderen Menschen.
Positivsymptome
Positivsymptome – Wahngedanken und Halluzinationen – sind wohl das, was die meisten Leute mit Psychosen verbinden. Sie sind auf den ersten Blick vielleicht auch die auffälligsten Symptome. Wir erklären dir im Folgenden, was sie bedeuten.
Was sind Wahngedanken?
Wahngedanken sind feste Überzeugungen, die nicht der Wirklichkeit entsprechen. Betroffene sind sich sicher, dass sie stimmen – auch wenn es eindeutige Beweise dagegen gibt. Etwa 80 bis 90 % der Betroffenen erleben im Laufe ihrer Erkrankung solche Gedanken, die oft um die eigene Person kreisen und sehr unterschiedlich sein können.
Hier ein paar Beispiele:
- Verfolgungswahn: Betroffene glauben, verfolgt oder bedroht zu werden. Beispiel: „Eine geheime Organisation will mir schaden.“
- Beziehungswahn: Hier denken Betroffene, dass bestimmte Personen oder Ereignisse nur für sie eine geheime Bedeutung haben. Beispiel: „Die Frau in der U-Bahn schickt mir mit ihrem Lächeln eine Botschaft.“
- Größenwahn: Die Überzeugung, besonders mächtig oder wichtig zu sein. Beispiel: „Ich bin der Erbe eines berühmten Schauspielers.“
- Körperlicher Wahn: Betroffene glauben, dass etwas mit ihrem Körper nicht stimmt. Beispiel: „Meine Lunge löst sich auf, deshalb kann ich nicht mehr atmen.“

Was sind Halluzinationen?
Halluzinationen sind Sinneseindrücke, die echt wirken, obwohl es keine tatsächliche Ursache gibt. Betroffene können Dinge hören, sehen oder fühlen, die andere nicht wahrnehmen. Am häufigsten sind Stimmen, die etwa 60 % der Betroffenen hören.
Stimmenhören (akustische Halluzinationen): Viele Betroffene hören Stimmen, die mit ihnen sprechen, über sie reden oder Befehle erteilen. Diese Stimmen wirken real und sind oft sehr belastend.
- Kommentierende Stimmen: Sie kritisieren oder bewerten den Betroffenen. Beispiel: „Du machst alles falsch.“
- Befehlende Stimmen: Sie fordern zu Handlungen auf. Beispiel: „Heb das auf“ oder „Verletz dich!“
Wenn du deine eigene Stimme oder Gedanken in deinem Kopf hörst, ist das übrigens nicht das gleiche wie akustische Halluzinationen. Eine Halluzination wird üblicherweise als Stimme von außen wahrgenommen, wie von einer anderen Person.
Positivsymptome beeinflussen das Leben von Betroffenen dann schlecht, wenn kein guter Umgang mit ihnen gefunden wird. Wir empfehlen dringend, in einer solchen Phase professionelle Hilfe zu suchen.
Wusstest du, dass auch Menschen ohne psychische Erkrankung solche ungewöhnlichen Überzeugungen oder Einbildungen haben können? Meist nur nicht in so starker Form.
Wer nicht selbst von Psychosen betroffen ist, kann sich fragen: Ist es schonmal vorgekommen, dass ich mir Geräusche eingebildet habe? Das kann ein stressiges Klingeln auf der Arbeit sein, welches man plötzlich auch in der Freizeit zu hören scheint. Vielen ist auch der Gedanke bekannt, nachts von einem Auto oder einer Person verfolgt zu werden, obwohl man nur zufällig denselben Weg hat.
Bei einer Psychose sind diese Wahrnehmungen allerdings viel stärker und oft belastend für Betroffene und ihr Umfeld.
Negativsymptome
Negativsymptome sind meistens nicht so offensichtlich, treten aber oft viel früher als die Positivsymptome auf.
Wenig sprechen: Betroffene finden es schwer, ihre Gedanken auszudrücken. Sie sprechen oft wenig und benutzen nur wenige Worte. (Sprachverarmung)
Keine Energie: Es fehlt die Energie und Lust, etwas zu tun. Selbst einfache Dinge wie Aufstehen oder Einkaufen fühlen sich anstrengend an. (Antriebslosigkeit)
Wenig Gefühl zeigen: Gefühle werden weniger gezeigt. Gesichtsausdrücke, Stimme und Körpersprache wirken weniger lebhaft bis ausdruckslos. (Affektverflachung)
Keine Freude mehr: Dinge, die früher Spaß gemacht haben, machen keine Freude mehr. Alles wirkt uninteressant oder bedeutungslos. (Anhedonie)
Sich zurückziehen: Viele ziehen sich aus ihrem Umfeld zurück, vermeiden Kontakte und verlieren so leider auch wichtige persönliche Beziehungen wie Freundschaften. Denn der Rückzug wird oft missverstanden und als Ablehnung wahrgenommen, obwohl es ein Symptom der Erkrankung ist. (Sozialer Rückzug)
Diese Symptome können Anzeichen einer entstehenden Psychose sein. Ebenso können sie durch eine Psychose hervorgerufen oder verstärkt werden. Manche Menschen erleben in ihrem Leben mehrere Psychosen (Rückfälle) und werden dadurch von anderen abgelehnt, vorverurteilt und verlieren Freundschaften. Da ist es nur allzu verständlich, wenn man sich zurückzieht. Um wieder besser am Leben teilzunehmen, ist Hilfe von außen wichtig – auch wenn sie leider oft nicht so leicht zu bekommen ist.
Wichtig: Negativsymptome haben nichts mit Faulheit zu tun. Der fehlende Antrieb gehört zur Erkrankung. Angehörigen hilft es oft, sich vorzustellen, wie erschöpft man sich bei einer Erkältung fühlt und einfach nur Ruhe braucht.

Negativsymptome und Depression
Negativsymptome sind den Symptomen einer Depression sehr ähnlich. Es ist oft schwer, beides voneinander zu unterscheiden – das muss von Fachleuten genau untersucht werden. Manchmal kommt eine Depression zusätzlich zur Psychose dazu, zum Beispiel, wenn jemand durch die Psychose wichtige Beziehungen oder Lebensziele aufgeben musste. Negativsymptome und Depression können auf ähnliche Weise behandelt werden.
Reinschauen: Max (30) lebt seit seinem 19. Lebensjahr mit der Diagnose paranoide Schizophrenie und gibt im Format no stigma! Einblicke, wie er mit der Erkrankung lebt. Mittlerweile unterstützt er als Genesungsberater andere Betroffene. Wenn die bösen Stimmen dich unter Druck setzen – ein empfehlenswerter YouTube-Beitrag, der mit Vorurteilen gegenüber psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie aufräumt.
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