Tobias Hohner: Künstlerische Einblicke in Schizophrenie
Tobias Hohner: Künstlerische Einblicke in Schizophrenie Von den Tiefen der Hölle bis zur göttlichen Herrschaft, auf und ab. Fühlt sich so schizophren sein an? Für Tobias Hohner gab es solche psychotischen Phasen. Als Künstler und Autor setzt er sich kreativ mit seiner Diagnose auseinander und macht sie dadurch anderen begreifbarer. Schizophrenie ist oft noch eine sehr missverstandene Krankheit. Dagegen setzt sich Tobias ein und hat uns seine Erfahrungen mit der Erkrankung erzählt: welche Gedanken er während Psychosen hatte, welche Rolle Religion dabei spielt und wie er mit Tiefpunkten umgeht. Schizophrenie und Dopamin: Die Rolle des Motivationshormons Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, bei der Dopamin, ein Neurotransmitter im Gehirn, eine zentrale Rolle spielt. Dopamin ist das Motivationshormon. Es sorgt dafür, dass wir Dinge wollen und danach streben. Klingt an sich super! Doch zu viel davon kann für psychotische Vorstellungen mit Wahngedanken sorgen. In diesem Bild visualisiere ich Ursache und Wirkung der Krankheit. Meine Gedanken während Psychosen waren zum Beispiel: Ich bin in der Hölle. Menschen sind Dämonen. Ich habe Schuld an Covid. Musiker im Radio spielen nur für mich. Ich bin Gott oder Jesus. Eine Krankheit wie jede andere Was will ich mit dem Bild ausdrücken? Schizophrenie hat nichts mit dem Charakter des Betroffenen zu tun. Wie bei jeder anderen Krankheit gibt es nachweisbare Ursachen und Wirkungen. Schizophrenie ist keine Persönlichkeitsstörung, sondern eine Krankheit, die durch verschiedene Ursachen entsteht. Ähnlich wie bei Diabetes oder Depressionen spielt ein Ungleichgewicht von Stoffen im Gehirn eine Rolle. Auch Gene und schwierige Lebensereignisse können dazu beitragen. Es ist also eine Krankheit, die sowohl durch körperliche als auch durch psychische und äußere Faktoren beeinflusst wird. Höhen und Tiefen im Leben mit Schizophrenie Auf und ab, auf und ab, auf und ab. Als ich mit Schizophrenie diagnostiziert wurde, war mein Leben auf dem absoluten Tiefpunkt. Vielen Betroffenen geht es so. Sie denken, sie schaffen es nicht, aus diesem Tal zu entkommen – so war es bei mir auch. Ich dachte nie, dass ich es schaffen könnte. Die Herausforderungen waren zu groß. Ich finde, die Linie des Herzschlags ist ein schönes Bild für das Leben. Nach den Tiefpunkten folgen in der Regel erneute Ausschläge nach oben. Meine Erfahrung im Bezug auf die Schizophrenie ist: Die Ausschläge nach oben können Jahre auf sich warten lassen. Aber sie kommen und sind dann umso schöner. Mit den Höhen und Tiefen im Leben ist das wie mit der Linie des Herzschlags auch: sie zeigt, dass wir leben. Ohne Auf und Ab bliebe alles still und unverändert. Schizophrenie und Religion: Ein schwieriges Zusammenspiel Schizophrenie und Religion – wie passt das zusammen? Psychosen sind nicht selten geprägt von religiösen Inhalten. Das häufigste Symptom der Schizophrenie ist das Hören von Stimmen (akustische Halluzination). Betroffene berichten, dass sie unter anderem die Stimme Gottes, Jesus, oder des Teufels hören. Dafür muss man kein religiöser Mensch sein, um diese Symptome wahrzunehmen. In der Regel geht dies einher mit dem sogenannten Größenwahn, bei der betroffene Personen ein übertriebenes Gefühl von eigener Wichtigkeit oder Macht haben. Betroffene halten sich z. B. selbst für göttliche Entitäten oder den neuen Messias. Ohne Behandlung können diese Wahnvorstellungen Wochen, Monate oder sogar Jahre andauern und das Gehirn sowie die psychische Gesundheit langfristig beeinträchtigen. Die Rolle der Angehörigen: Sofortige Hilfe ist entscheidend Entscheidend ist hierbei die sofortige (!) ärztliche Behandlung. Ich weiß, mitten in einer Psychose herrscht keine Einsicht, keine Vernunft oder Verständnis. Dort gibt es nur Paranoia. Umso wichtiger ist dann die Aufgabe der Angehörigen, schnell zu handeln und entsprechende Schritte einzuleiten. Anmerkung Kiso Health: Adressen und Tipps für schwierige Phasen findest du hier: „Dein Krisenplan: Wie du die Kontrolle in schwierigen Phasen behältst“ „Der Weg aus der Krise: So können Angehörige Psychose-Betroffenen helfen“ Herzlichen Dank an Tobias Hohner für seine persönliche Darstellung der Erkrankung aus der Sicht eines Betroffenen und seine ermutigenden Worte für andere Betroffene in schwierigen Phasen. Mehr über seine Erfahrungen teilt Tobias in seinem Buch „Die Florenz-Geschichte. Wie ich die Schizophrenie besiegte“. Schizophrene Kunstwerke von Tobias findest du in seiner Galerie: www.hohnerart.com. Hinweis zu inklusiver Sprache Unsere Inhalte richten sich an alle Menschen unabhängig von Geschlecht und Identität. Deshalb verwenden wir auf unserer Website sowohl neutrale, weibliche als auch männliche Formulierungen, während wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung dieser Sprachformen zum Beispiel durch das Gendersternchen verzichten. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. Auch die verwendeten Bilder sind so gewählt, dass sie eine möglichst große Vielfalt abbilden. Fotos von Tobias Hohner
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